Die Karavelle


Die Karavelle und ihre Rolle in der portugiesischen Seefahrt


  • Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet ein kleines, offenes Fischer- und Transportboot maßgeblichen Anteil an der Entwicklung Portugals im Mittelalter hatte? Es ist die Karavelle, die sich in einem langwierigen Prozess in ein seetüchtiges Schiff verwandelte.
  • Die Karavelle wird als Schiffstyp in Portugal zum ersten Male im 13. Jahrhundert erwähnt. Eingesetzt wurde sie in dieser Zeit fast ausschließlich als Fischerboot.
  • Kennzeichen der ein- oder zweimastigen Karavelle dieser Zeit waren die Lateinersegel, Segel in Form eines Dreiecks, wie sie noch heute bei Jollen oder Yachten üblich sind.
  • Mit diesem Schiffstyp konnte man sehr gut unter Land manövrieren, für die offene See waren sie denkbar ungeeignet. Dies lag zum einen daran, dass es offene Schiffe waren, die hohem Wellengang ungeschützt ausgesetzt waren, und zum anderen daran, dass sie nicht genügend Wasser und Proviant für einen mehrmonatigen Aufenthalt auf See mitführen konnten.
  • Im Portugiesischen wird der Begriff caravela (Karavelle) mit carvalho (Eichenholz) in Verbindung gebracht, da diese Schiffe vorrangig aus Eichenholz gefertigt wurden.
  • Im Jahre 1394 wurde Heinrich der Seefahrer als vierter Sohn des portugiesischen Königs Johann I. in Porto geboren.
  • Seine königliche Herkunft und eine ausgeprägte Geschäftstüchtigkeit verhalfen ihm zu erheblichen finanziellen Mitteln, die er fast ausschließlich zur Förderung der portugiesischen Schifffahrt einsetzte.
  • Als Gouverneur der Provinz Algarve – Heinrich lebte fast vierzig Jahre in Sagres – initiierte er ein ehrgeiziges Erkundungsprogramm mit dem Ziel, den Seeweg nach Indien zu finden.
  • Hierfür benötigte er aber einen besonderen Schiffstyp. Dieser musste in der Lage sein, hoch am Wind zu segeln (gegen den Wind zu segeln) und auch ausreichend Wasser, Proviant und Ersatzteile für eine längere Reise mitzuführen.
  • Es waren Schiffe erforderlich, die auch ohne Werft eine Überholung des Rumpfes und andere notwendige Reparaturen ermöglichten. Weiterhin mussten diese Schiffe in der Lage sein, auch flache Küstengewässer und Flüsse zu befahren.
  • Im Zuge dieser Entdeckungsplanung wurde der Typ der Karavelle mit zwei Masten dann von Heinrich weiterentwickelt. Mit Hilfe eines holländischen Schiffsbauers entwarf er einen Schiffstyp, der alle diese Forderungen erfüllte. Vorbild hierfür war die hochseetüchtige Hansekogge, mit der die Hanse ihren gesamten Handel auf der Nord- und Ostsee abwickelte. 
  • Die Karavelle Heinrich des Seefahrers hatte einen breitbauchigen Schiffsrumpf mit geringem Tiefgang und bot so den Wellen des Atlantik wenig Wiederstand.
  • Das Deck war geschlossen. Das Steuerruder wurde in der Mitte des Schiffes platziert (bis dahin war das Ruder meistens im Heck angesiedelt) und hatte drei Masten.
  • Zu Beginn der Entwicklung hatten alle Masten eine Lateinerbesegelung, im Zuge der Weiterentwicklung beschränkte sie sich dann auf den hinteren Mast. Die anderen Masten waren rahbetakelt (rechteckige Segel), wie es auch heute noch bei Großseglern üblich ist.
  • Diese Schiffe wurden dann auch schon teilweise nicht mehr in Klinkerbeplankung, bei der sich die äußeren Schiffsplanken überlappen, sondern in Kraweelbauweise hergestellt (hier stoßen die Planken stumpf aneinander). Reparaturen außerhalb der Werft waren relativ einfach durchzuführen.
  • Die Karavelle von Heinrich war etwa 25 m lang, hatte 20 – 30 Mann Besatzung und konnte bis zu 35 Tonnen Ladung befördern. Diese von Heinrich entwickelte Karavelle war der Prototyp für all die Schiffe, die den großen portugiesischen Eroberern und Entdeckern die Erforschung der Welt ermöglichten.
  • Alle großen portugiesischen Seefahrer, ob Gil Eanes (umsegelte Kap Bojador), Bartolomeo Diaz (umrundete Afrika), Vasco da Gama (entdeckte den Seeweg nach Indien), Ferdinand Magellan und viele andere - sie alle benutzten diesen Schiffstyp für ihre Entdeckungsreisen.
  • Ohne die Karavelle wäre Portugal wäre Portugal nicht die führende Weltmacht des 15. und 16. Jahrhunderts geworden.

Text: RED. AM